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König Ludwig II. im Allgäu: märchenhafter Wanderer zwischen Politik und Poesie

Collage: König Ludwig und die Königsalpenroute

Der bayerische König Ludwig II. (* 1845, † 1886) wird häufig als kitschig abmoderiert. Bis heute hält sich auch die offizielle Version, dass er wahnsinnig war und sich im Starnberger See ertränkte. Vieles spricht für solch eine Einordnung, manches dagegen. Doch es ändert auch nichts an seinem ästhetischen Wirken und an seiner Beliebtheit im Volk. Wer sich ein eigenes Bild machen will, hat auf der Königsalpenroute rund um Füssen Gelegenheit, sich auf königlichen Wegen die Geschichte des Kini zu erlaufen.

Im Schloss Hohenschwangau verbrachte Ludwig die meiste Zeit seiner Kindheit.

Hinter dem märchenhaften König Ludwig steckt weit mehr als das Bierkrug-Motiv eines Gescheiterten und Verklärten. Die bis heute anhaltende Verehrung in der breiten Bevölkerung besteht nicht ohne Grund. Die Königsalpenroute führt durch sämtliche spannungsreiche Facetten dieser einmaligen Persönlichkeit.

Authentische Schauplätze zeichnen diese Region im Ostallgäu aus. Sie zeigen Spuren eines zerrissenen Menschen, der seine Visionen und sein Engagement mit Einsamkeit und frühem Tod bezahlt, aber auch mit einer Haltung durchleidet, die von einer sensiblen Ästhetik getragen wird.

Ludwig²: Monarchen-Musical zwischen Mythos und Mordkomplott

Lässt es sich mit einem Musical auf Wandertouren auf der Königsalpenroute vorbereiten? Ja, warum denn nicht? Mit Ludwig² geht das zweifellos. Denn das Bühnenstück im Füssener Festspielhaus fasziniert gleich doppelt.

Zum einen ist da sein königlicher Standort und seine Architektur, die nichts weniger machen, als das verwegene Landschaftsdenken König Ludwigs fortzusetzen. Zum anderen ist da König Ludwig selbst, dessen Schicksal den künstlerischen Impuls für die wichtigste Produktion des Hauses gab. Ursprünglich sollte ausschließlich ein Ludwig-Musical gespielt werden.

Das Foyer des Festspielhauses in Füssen setzt eine Sichtachse über die Parkanlage und den bayerischen Löwen zu Schloss Neuschwanstein.

Durch das Festspielhaus Füssen wurde ein Ort für Musik und Schauspiel geschaffen, wo er eigentlich im Rahmen der kulturellen Konventionen gar nicht hingehört. Doch was bedeutet schon der Jargon der Eigentlichkeit gegen die Inspiration dieser Landschaft?

Wer noch dazu Gelegenheit hat, eine Bühnenführung mitzumachen, sollte sich das nicht entgehen lassen. Denn in Füssen befindet sich nach der Oper in Frankfurt/Main die zweitgrößte Drehbühne Deutschlands.

Auch ohne Bühnenbild burgt die Drehbühne im Festspielhaus Füssen einige Geheimnisse.
Mit Leib und Seele authentisch begleitet Renate Böck ihre Gäste durchs Festspielhaus.

Es ist hier nicht der Ort, die Geschichte des Musicals Ludwig² nachzuerzählen oder gar das überraschende Ende vorwegzunehmen. Was aber vorab gesagt werden kann: Dieses Musiktheater entfaltet ein Panoptikum der Persönlichkeit Ludwigs und seinen Visionen. Diese sind eben doch mehr als die Spinnereien eines Geisteskranken. Ludwig² zeichnet die Seelenströmungen des Kini nach und setzt sie in zahlreichen Szenen ins Verhältnis zu seinem Umfeld.

Nicht alles, was auf der Bühne gespielt wird, ist historisch korrekt. Einige Fakten werden um einer „Dramaturgie der Liebe“ Willen verfälscht oder geschaffen. Zugleich ist Ludwig² aber mehr als Märchentheater im luftleeren Raum.

Jan Amann spielt König Ludwig im Musical Ludwig²; Foto: (c) Festspielhaus Neuschwanstein / Franziska Pless

Bravourös und mit eigenem Kinderdarsteller wird die Kindheit des Märchenkönigs als beziehungslos zu den Eltern vorgestellt. Im Erwachsenenalter kollidiert die Lebensweise des poetischen High-Tech-Königs mit den politischen und medizinischen Umständen seiner Zeit. Insbesondere die dubiosen Verstrickungen um den Ministerratsvorsitzenden Johann von Lutz und Ludwigs Leibarzt Bernhard von Gudden beim Entmündigungsverfahren gegen den amtierenden König bilden inhaltliche Schwerpunkte im Musical.

Das Stück überwindet die gängigen Einordnungen und spiegelt die Konflikte des friedliebenden Mystikers mit den realpolitischen Dynamiken seiner Zeit. Die Konsequenzen sind für Ludwig verheerend. Das Musical ist ein Muss für Ludwig-Fans und alle, die es werden wollen. Spielplan, Karten und Informationen zu allen Musical-Projekten in Füssen gibt es auf das-festspielhaus.de.

Wandern auf der Königsalpenroute zu Ludwigs Träumen

Wandern und wundern lautet die Devise im königlichen Schlosspark im Allgäu rund um Füssen. Auf der Königsalpenroute kann man auf neun Etappen König Ludwig wandernd nahekommen. Der Weg ist geprägt durch viele historische Bezüge. Naturfreunde und Geschichtsinteressierte kommen gleichermaßen auf ihre Kosten.

Der Allgäuer Schlosspark heißt nicht ohne Grund so. Rund um Füssen entfaltet sich die landschaftliche Bühne für die 121 Kilometer lange Königsalpenroute und viele andere Touren zum königlichen Wandern in der Schlösser- und Burgenlandschaft. Das Ostallgäu und die Ammergauer Alpen stellen in Bayern und Deutschland einen der attraktivsten Landstriche überhaupt.

Alle neun Etappen der Königsalpenroute im Überblick.

Im Ostallgäu bilden Gebirgszüge, Wälder, Weiden, Wiesen, Flüsse, Seen und die Möblierung der Landschaft durch die Wittelsbacher ein einmaliges Refugium. Die Architektur aus Kirchen, Schlössern, Berghütten, Denkmälern und nicht zuletzt dem Festspielhaus krönt das königliche Angebot, das heute nahezu allen zugänglich ist. Die Etappen umfassen teilweise aber einiges an Höhenmetern und bergigem Gelände, sodass die Einordnung in die Kategorie „schwer“ nicht übertrieben ist, auch wenn es leichte und mittlere Etappen gibt.

Dein Freiraum. Mein Lebensraum: Regeln für gutes Miteinander

Millionen von Besuchern strömen jährlich ins Ostallgäu, um die feudale Kulturlandschaft zu genießen. Das erfordert ein paar Appelle, die von allen eingehalten werden sollten, um die Bedürfnisse aller befriedigen zu können. In der Kampagne „Dein Freiraum. Mein Lebensraum“ wurden einige Grundregeln für einen verantwortungsvollen Umgang zwischen Mensch und Natur formuliert.

Bergführerin Christa bringt ihre Wandergruppen durch alle Höhen und Tiefen.

Im Wesentlichen geht es darum, auf den ausgeschilderten Wegen zu bleiben, Schutzgebiete zu respektieren, nicht während der Dämmerungsstunden unterwegs zu sein und Hunde anzuleinen. Ausführliche Informationen für die einzelnen Besuchergruppen (Wanderer, Mountainbiker, Hundebesitzer etc.) gibt es auf der Website freiraum-lebensraum.info.

König Ludwigs letzter Traum: der Falkenstein

Start und Ziel des Weit- und Rundweges ist Füssen. Gleich die erste Etappe auf der Königsalpenroute führt zu vielen Attraktionen. Es geht über den Falkensteinkamm nach Pfronten, wobei 858 Höhenmeter erklommen und auch fast wieder komplett abgestiegen werden. Auf der 17,3 Kilometer langen Tour bleiben die Auf- und Abstiege jedoch meist moderat, das bringt ihr die Kategorie „mittel“ ein.

Füssen, die Schlösser und Burgen, die Ammergauer Alpen und die Seen im Ostallgäu bilden eine exklusive Wanderlandschaft.

Noch in der Stadt warten mit dem Hohen Schloss und der Stadtkirche St. Mang die ersten historischen Höhepunkte auf dem Weg. Der Weg führt zügig aus der Stadt heraus und es gibt zahllose Möglichkeiten, die Schönheiten der Landschaft zu genießen. Nach dem Alatsee führt ein langer Aufstieg zum sprichwörtlichen Höhepunkt dieser Etappe. Die Rede ist vom Falkenstein, auf dem die höchst gelegene Ruine Deutschlands steht. König Ludwig wollte auch hier ein Schloss bauen.

Das Modell der Märchenburg Falkenstein, die König Ludwig bauen lassen wollte.

König Ludwigs letzter Schlössertraum blieb unerfüllt. Viel zu jäh wurde er durch die Verstrickungen seiner kreativen Persönlichkeit mit den Bedingungen einer militaristischen und lebensfeindlichen Zeit und ihrer Menschen in den Tod gerissen. Hätte er die politischen Umstände durchgestanden, wäre auch sein letztes Schlossprojekt umgesetzt worden.

Von der Ruine Falkenstein öffnen sich einmalige Panoramen – sowohl ins Außerfern auf das Tiroler Alpenmassiv über dem Vilstal als auch ins Alpenvorland. Hier stechen die Seen und der Burgenhügel mit den Ruinen Eisenberg und Hohenfreyberg heraus.

Die offiziell letzte Etappe 9 der Königsalpenroute führt vom Tegelberg durch Schwangau zurück nach Füssen und bildet den Höhepunkt der Königsalpenroute. Sie führt an zwei der Wittelsbacher Schlösser und am Museum der bayerischen Könige vorbei.

Bergliebe zu Schlössern: Neuschwanstein ist UNESCO-Welterbe

Erst vor kurzem wurden die Bauten König Ludwigs zum UNESCO-Welterbe ernannt. Gemeint sind damit das Schloss Neuschwanstein, Schloss Linderhof, Schloss Herrenchiemsee und das Königshaus am Schachen. Damit wird das bauliche Wirken König Ludwigs als „inszenierte visuelle Architektur für poetische Vorstellungswelten“ gewürdigt.

Doch was bedeutet das für das berühmte Schloss Neuschwanstein? Schloss Neuschwanstein gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in ganz Deutschland und zieht jährlich Millionen Besucher an, welche die Poesie des Märchenkönigs kennenlernen wollen. Mehr geht nicht. Es geht also um etwas anderes als die Maximierung des touristischen Vermarktungspotentials.

Die Würdigung als UNESCO-Welterbe zementiert wichtige Aspekte. Die Anerkennung des Schlösser-Konzeptes aus ist wichtig, denn selbstverständlich wurde nie an Wehrburgen und Machtsymbole gedacht, wie es Burgen im Mittelalter beschieden war. Ebenso wenig handelt es sich um oder den Lustschlösser, die aus der Neuzeit bekannt sind. Es geht letztlich nicht einmal um Repräsentation.

König Ludwig bezweckte genau das Gegenteil, nämlich einen poetischen Rückzugsort für sein persönliches Einsamkeitsbedürfnis und seine religiöse Interpretation eines christlichen Königtums von Gottes Gnaden zu kreieren. Man könnte also in der heutigen Sprache von Kunstinstallationen oder Landart sprechen, die zugleich das höchste Maß an Technik ihrer Zeit einsetzte.

König Ludwig steht auch im Mueseum der bayerischen Könige im Mittelpunkt

Diese öffentlichen und offiziellen Feststellungen befreien König Ludwig und seine königlichen Bauten aus der Kitsch-Kiste. Das erlaubt den Tourismus-Verantwortlichen, ihre Vermarktung stärker auf die qualitativ relevanten Aspekte der Angebote zu lenken.

Fazit: König Ludwig lebt

Heute ist Schloss Neuschwanstein in nahezu allem das Gegenteil dessen, wofür es von König Ludwig geschaffen wurde. Zugleich ist es der Weg, die Schlösser zu erhalten und alle Menschen an ihnen teilhaben zu lassen. Denn bis heute werden häufig die Vorgänge der privat finanzierten Schlösser des Königs als ruinös dargestellt. Die Verschuldung König Ludwigs ist dabei jedoch genauso unumstritten wie die Tatsache, dass die Wittelsbacher sämtliche Schulden bei den Banken beglichen haben. Und Fakt ist auch: die Resultate ernähren sein Volk bis heute.

Links zu König Ludwig und der Königsalpenroute

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