Es ist einfach immer wieder eine Freude, Martin Droschkes Bücher zu lesen. Wer sein Weinfranken-Buch aus der Emons-Reihe „Komm, lass uns wandern“ nur kauft, um schnell ein paar nette Fotos und Wandertipps mit GPS-Daten einzuheimsen, wird recht angenehm enttäuscht werden. Denn ein bisschen mehr gibt es dort schon zu finden. Insbesondere gut recherchierte Texte eines gebildeten Autors.
Vielleicht liegt’s ja daran, dass er mit wenigen Adjektiven auskommt, was jegliche Salbaderei im Keim erstickt. Trotz dieses erfrischenden Mangels sind die 25 Wanderungen in Weinfranken neben den Fotos ebenso bildstark und mit so mancherlei Anekdote durchwoben, die literarisch Gebildete mit der Frage zurück lassen könnte, ob die gesamte europäische Geistesgeschichte nicht doch nur die gesammelten Ergüsse von Mördern, Kinderschändern, Trickdieben, Irren und natürlich auch Säufern darstellen. Ganz so wüst geht es in diesem Buch freilich nicht zu, dennoch enthält sie auch ein prominentes Beispiel: der Germanisten Nährvater Johann Wolfgang von Goethe.
Wer möchte, kann dem Geheimrat von Würzburg auf einer 10,5 km-Tour nach Veitshöchheim nacheifern. Hier gibt es den bekannten Wein vom Stein, den er sich stets – auch in einer 60 Liter-Dosis in die Kur nach Karlsbad – hat schicken lassen. Bei vier Wochen Aufenthalt macht das durchschnittlich rund achteinhalb Viertele pro Tag. Da es sich um eine Leberkur handelte, bleibt dennoch die Hoffnung, er habe wenigstens ein halbes Viertele pro Tag seinen Gästen abgetreten.
Das Buch versammelt noch weitaus mehr Prominenz, darunter Erbonkel, Verleger und andere traumhafte Persönlichkeiten. Nicht weniger prominent vertreten sind die geistlichen Orte entlang der Wege und sogar solche Must-sees, deren Bekanntheit bis dato knapp unter null lag. Und nicht zu vergessen die Schönheiten der Kulturlandschaft in Weinfranken. Martin Droschke gehört mit seinen amüsant erzählten Erschnupperungen von Land und Leuten zur früheren und heutigen Lage zu den Autoren, die die Plausibilität ihrer Geschichten auch zu hinterfragen wissen. Dabei entspringen ihre Impulse nicht einer Art Weinprivileg, wie sein veritabler Blick in einem seiner Bierbücher zeigt.
Ein verlässlicher Guide durch Weinfranken
Besagte Einbahnstraßen-Tour entlang des Mains in Weinfranken hat übrigens ihren Charme nicht zuletzt darin, dass Mann und Frau ihr Räuschle mit dem Schiff zurück in die Residenzstadt bringen können. GPS-Daten gibt es im Übrigen via QR-Code trotzdem, auch zu den anderen 24 Wanderrouten, die durch das eher westliche heutige Franken im Quadranten Neustadt an der Aisch, Miltenberg, Alzenau und Zeil am Main führen. Indirekt beschreibt dieses Weinfranken auch das Kernland des alten Herzogtums Franken, dessen Territorium im heutigen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen liegt und meist als igendwas mit Sibirien, Beutebayern oder bessere Hälfte bezeichnet wird.
Alle Touren werden bereits im Inhaltsverzeichnis mit Qualitäten beschrieben: durch eine Einordnung in leicht, mittel, schwer sowie durch die Länge der Wanderung. Eine Karte im Klapp-Umschlag des Buches verortet die Touren durch eingekreiste Nummern. Deren Übersichtlichkeit wird leider etwas verwirrt, denn im Umschlag befinden sich auch die Top 5 aus 25 Weinfranken-Wanderungen – ebenfalls farbig eingekreist. Wer diese Zahlen mit den Tournummern abgleicht, kommt unweigerlich auf den Holzweg – auch nüchtern. Die Hotspots der einzelnen Touren wiederum kennzeichnen im Fließtext ebenfalls nummerierte Kreise. Leser müssen erst lernen, dass diese zur Karte am Ende einer Tour gehören. Hier besteht noch etwas grafisches Optimierungspotential, was aber der Qualität der Texte keinen Abbruch tut.
Weinfranken, 25 Wandertouren
Komm, lass uns wandern. Weinfranken, von Martin Droschke, Emons Verlag, 2023, broschiert mit Klappumschlag, 208 Seiten, 13,5 x 20,5 cm, 16,00 Euro.
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