Wenn es Bücher heutzutage in die zweite Auflage schaffen, geraten sie in Verdacht, von hoher Qualität zu sein. Die Franziskanerinnen Birgit Bek und Paulin Link gelingt das mit ihrer Überarbeitung von „Gesundheit aus dem Garten Gottes“. Auf 216 Seiten entfalten sie einen lohnenden Blick in den Klostergarten des Klosters Reute und in den Spirit, der sie leitet.
Der Sonnengesang des heiligen Franziskus ist berühmt, stellt jedoch keine sentimentale Verklärung der Natur dar. Die Autorinnen Birgit Bek und Paulin Link machen das von Anfang an deutlich. Im biblischen Abgleich wird die Beziehung zwischen Schöpfung und Menschen markiert: „Zerstörung und Ausbeutung“, lautet der Status Quo. Landwirtschaft wird heute zu häufig als Instrument der „Versorgungssicherheit der Bevölkerung“ und ihrer Vermarktung interpretiert. Diese Perspektive liefert zugleich das Totschlagargument, an diesem Missstand nichts zu ändern.
Gesundheit aus dem Garten Gottes: ein zukunftsweisender Mikrokosmos
Doch die Franziskanerinnen von Reute laden in „Gesundheit aus dem Garten Gottes“ ein, „Gaben und Erfahrungen zu teilen“. Das Buch steht dabei durchaus in der Tradition der bekannten jahrhundertealten (Kräuter-)Schriften wie dem Hortulus des Walahfrid Strabo (und somit auch der Landverordnung Karls des Großen), der Spiritualität des heiligen Franziskus oder der mystischen Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen. Die Grundhaltung ist immer ähnlich. Spirituelle Menschen verstehen sich als Diener der Natur und nicht als ihre Herrscher.
Neben der spirituellen Orientierung gehört der Hauptteil des Buches natürlich den Pflanzen. Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. So werden die Leser einen Klassiker wie die Kamille vergeblich suchen, die Nr. 1 der Klostergärten, den Salbei, hingegen schon. Es gibt hier aber auch Pflanzen zu entdecken, die für viele unbekannt sind. Unter diesen Pflanzen sind nicht nur Kräuter, sondern auch Beeren und Blumen. Sie werden in „Gesundheit aus dem Garten Gottes“ werden nach ihrer Wirkmächtigkeit gruppiert. „Schlummer ohne Kummer“, „Dem Husten was Husten“ oder „Beerenstark“ weisen die Richtung zur Anwendung.
Die Pflanzenporträts selbst in „Gesundheit aus dem Garten Gottes“ werden mit Foto – manchmal ergänzend mit einer biologischen Zeichnung vorgestellt. Neben dem Namen erhalten sie eine zusätzliche Bezeichnung, die ihre Wirkmacht zum Ausdruck bringen soll. Also zum Beispiel der einjährige Beifuß, der als „Bakterienkiller“ vorgestellt wird. Oder die (majestätische) Rose als „Die Ausgleichende“.
Die Nennung der Wirkstoffe gibt Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, selbst eine erste biochemische Einordnung vorzunehmen. Das Porträt wird dann fortgesetzt durch eine Charakterisierung, historische Einordnungen, Heilungsperspektiven, Anwendungsoptionen und auch Rezepte. Zitate bedeutender Autoren oder Quellen zu den jeweiligen Pflanzen runden die Sedcards der Bioheldinnen ab.
Den Abschluss bilden Beschreibungen des Schaugartens im Kloster Reute, dem Labyrinth der Sinne und dem Tastweg, die vor Ort eine begehbare Brücke bilden in die „Gesundheit aus dem Garten Gottes“ und die Einladung erneuern.
Es gelingt den Autorinnen Birgit Bek und Paulin Link, in „Gesundheit aus dem Garten Gottes“ ihr Wissen über Heilpflanzen – oder besser: Gesundheitspflanzen – mit franziskanischer Spiritualität zu verdichteten. Dadurch ist das Buch sowohl als Nachschlagewerk und als geistliche Lektüre geeignet. Ein rundum klösterliches Buch voller Bodenhaftung, das auch für den heimischen Garten oder Pflanzentopf geeignet ist.
Gesundheit aus dem Garten Gottes
Die große Hausapotheke aus dem Kloster, von Birgit Bek und Paulin Link, 216 S., gebunden, Ostfildern: Patmos, 2. Auflage 2024, Format 2,0 x 26,5 x 20,0 cm, ISBN 9783843613835, 32,00 €