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Ein Gumpiger Dunschtig auf der Fasnet in Bad Saulgau

Fasnet Bad Saulgau Marktplatz am Schmotzigen Donnerstag

Ein Gumpiger Dunschtig in Bad Saulgau ist das Leibesheil der Dorauszunft, die zu den größten und wichtigsten Zünften in Oberschwaben gehört. Hier gibt es „nur“ eine Zunft mit zahlreichen Masken, Gilden gibt es in dieser Einheitsvereinigung nicht.

Begeisternd sind aber vor allem die traditionellen Hästräger der Dorauszunft, die ein wichtiges Stück lokaler Kultur pflegen.

„Doraus, detnaus, bei der alte Linde naus“

Die Dorausschreier stellen die Namen gebende Maske der Zunft in Bad Saulgau. Tagsüber finden am Gumpigen Donnerstag in Bad Saulgau die traditionellen Bräuche statt: Schülerbefreiung und Narrenbaum stellen.

Wegen einer Einladung der Dorauszunft kann ich auf die Tribüne auf dem Marktplatz, was mir eine einmalige Übersicht über den Innenraum, in den der Umzug einläuft und auf die Bühne mit dem „Marterpfahl“ für den Hexentanz der Saulgauer Riedhutzeln.

Auf der Tribüne ist auch die Stadtkapelle platziert, die den Einzug musikalisch begleitet. Angeführt wird der Zug von den Bütteln, dem Adam und dem Nachtwächter. Alles auf der Fasnet in Bad Sulgau wird immer wieder begleitet vom Ruf der Narren: „Doraus, detnaus, bei der alten Linde naus.“

Man spricht bei der Fasnet zwar immer mehr oder weniger pauschal von lokalem Brauchtum. Das stimmt schon so, aber es stellt sich auch die Frage, was die lokalen Bräuche miteinander verbindet. In Bad Saulgau ist der Marktplatz selbst schon eine charakteristische Bühne.

Dort wird der Hinrichtungsplatz für die Hexen aufgebaut, dieser befindet sich direkt vor der Stadtkirche St. Johannes. Dadurch bekommt der Bezug der Fasnet zum (katholischen) Christentum – oder zumindest ihrem liturgischen Jahreslauf – eine besondere Ausdrucksstärke.

Eine zusätzliche Note bekommt auch das „Sehen und Gesehenwerden“ durch die flankierende Fachwerk-Architektur einer Gastronomie am Platz, bei der die Füllungen des Mauerwerks durch Glas ersetzt wurden. Das trug dem Gebäude den mehr oder weniger liebevollen Namen „Hausfrauen-Aquarium“ ein. Das kann man jetzt so oder so bewerten, aber zur Fasnet passt es auf jeden Fall.

Riedhutzele: Fasnethexen in Bad Saulgau

Höhepunkt der Brauchtumszeremonie ist die Darstellung einer Hexenverbrennung, die durch einen Erzähler, Riedhutzel-Tänze und verschiedene Pyrotechnik den Platz mit einem mysteriöses Spiel füllt. Ich konnte zwar der Geschichte nicht vollständig folgen, aber die ganze Szenerie entfaltete eine unheimliche und tief beeindruckende Wirkung.

Das Anliegen der Dorauszunft ist es selbstverständlich nicht, Hexenverbrennungen zu idealisieren, sondern durch die Anklänge an die Grausamkeiten früherer Tage die eigene ablehndende Haltung zu zeigen.

Ein Gumpiger Dunschtig voller Rituale

Nach den Ritualen folgt am Schmotzigen die „Hausfasnet“, heißt konkret: man zieht durch die Wirtschaften, genießt Geselligkeit, Essen und Trinken und freut sich an den Darbietungen der Fantasiegrupen. An den Tischen der Zunfträte sind häufig Politker zu Gast.

Was sollen sie auch machen, wo sie doch gerade von den Narren ihrer Ämter enthoben wurden? Nach Hause gehen jedenfalls nicht, denn es gehört zur Fasnet, dass man sich über die Obrigkeit lustig macht. Da die Saulgauer Fasnet zu den wichtigsten der Region gehört, sind hier am Schmotzigen – wenn möglich – Wahlkreis-Abgeordnete vor Ort.

Hier schließt sich auch wieder der Kreis zu den Fantasie-Gruppen, die nicht direkt im traditionellen Fasnetsbrauchtum stehen, aber durch aktuelle (lokale, globale oder irgendwasdazwischen) Bezüge am Gumpiger Dunschtig teilnehmen und ihr Können zeigen. Hierfür gibt es sogar eine Jury, wobei ich nicht mitbekommen habe, wer gewonnen hat. Deshalb an dieser Stelle mein persönlicher Favorit:

Diese Damenriege hat in versierter und faszinierender Rhythmik ein Lied aus afrikanischen Gesängen begleitet von Blechbecher- und Löffelgeklepper vorgetragen. Hintergrund war ein Besuch in Afrika und die musikalischen Erfahrungen dort haben sie mit den Brauch der Fasnet verwoben.

Einer am Tisch meinte, er kenne sich etwas aus mit afrikanischen Sprachen: „Die Frauen werben so traditionell um die Gunst der Männer.“ Da merkt man doch gleich wieder, wie sehr die Fasnet mit dem Glauben verbunden ist. In diesem Sinne: „Doraus, detnaus…“

Danke an die Dorauszunft Bad Saulgau für die Einladung zum Gumpiger Dunschtig. Weitere Fasnet-Tipps sind der sensationelle Schmotzige in Konstanz oder das Museum Narrenschopf in Bad Dürrheim oder gleich eine Reise mit dem Wohnmobil zur Fasnet am Bodensee.

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