Das Mittelalter in Konstanz hat ein starkes Symbol: Imperia ist die Figur der Stadt und auch des Konzilsjubiläums, das von 2014 bis 2018 mit unzähligen Angeboten gefeiert wurde, die bis heute buchbar sind. Bleibt man bei Personen, stehen neben der Imperia Papst Martin V., König Sigismund und Jan Hus im Mittelpunkt des Interesses.
Mittelalter in Konstanz und das Konzil
Die Imperia ist der Inbegriff der Kurtisane, die gemeinsam mit kirchlichen und weltlichen Herrschern gewerbsmäßig nach Konstanz zieht, um ihre horizontalen Dienste anzubieten. Oder auch nicht. Imperia war nämlich Römerin und lebte um 1500.
Die literarisch bedingte Verpflanzung nach Konstanz täuscht aber nicht darüber hinweg, dass sich ungezählte Kolleginnen in den Zeitvertreib der hohen und höheren Herren sowie ihrer Diener einbringen, während das Konzil (1414-1418) versucht, die Kirche aus ihrer schismatischen Krise zu führen.
So manches ist bestimmt mehr als ein Sommerflirt mit der Geschichte. Doch Gotteslob und Moral stehen im Widerspruch und machen Konstanz für den Teufel zum ergiebigen Jagdrevier, wie die singende Imperia zu berichten weiß:
Imperia und ihr Mittelalter-Personal
Obwohl Imperia das Horizontale vertritt, schauen alle zu ihr auf. Zumindest in Konstanz. Die Skulptur ist das weltweit größte Prostituierten-Denkmal, das der Bodmaner Bildhauer Peter Lenk 1993 in einer Nacht- und Nebelaktion im Konstanzer Hafen aufstellt. Trotz des Skandals um die wenig vorteilhafte Darstellung von König Sigismund und Papst Martin V. auf Imperias Händen wird sie nicht mehr abgebaut und ist heute Wahrzeichen der Stadt.
Wer Geschichte erleben will, braucht Lotsen. Konstanz hat sich viele geschaffen. Während ihrer Themenführungen durch die Stadt schlüpfen sie in historische Rollen. Diese Figuren haben „wie durch ein Wunder überlebt“ und berichten von damals. Da sind die Imperia selbst oder Ulrich Richental, der berühmte Chronist. Sie wissen aus ihrer Perspektive von den Gepflogenheiten zu berichten, die im Spätmittelalter passierten, als die einzige Papstwahl nördlich der Alpen Konstanz zum Nabel der Welt machte.
Zu den Stadtlotsen gehört auch Henry Gerlach. Der Historiker und Konzilsspezialist hat solche Figuren konzipiert und auch – gemeinsam mit Monika Küble – den Roman „In Nomine Diaboli“ – „Im Namen des Teufels“ geschrieben, in dem zahlreiche Episoden aus der Konzilszeit aufgegriffen und in einen Krimi eingebunden werden. Dabei geht es nicht nur um die Vorgänge, die mit dem großen Schisma in Zusammenhang stehen, sondern um viele geschichtliche Vorgänge rund um Konstanz und seine neu erstarkte Bürgerschaft.
Henry Gerlach als Giaullaume Kardinal Fillastre
Die Lädine und das Archäologische Landesmuseum
Die Zeitreise durch die Geschichte führt selbstverständlich auch über das Wasser. Für Furore sorgt seit 1991 der Fund einer Lädine vor dem Ufer in Immenstaad. Der mittelalterliche Lastensegler wurde von einem eigens gegründeten Verein im Rahmen der heutigen Gesetzeslage nachgebaut und für Ausfahrten benutzt.
Wir fahren hinaus auf den See. Obwohl das Wetter nicht optimal ist, macht es Spaß, mit dem kleinen Segler unterwegs zu sein. Die wichtigste Eigenheit: Die Lädine hat keinen Kiel. Das ermöglichte ihr, auch an flachen Uferstellen anzulegen. Uns ermöglicht es ordentliches Schwanken, wenn ein Schiff in der Nähe passiert. Eingesetzt wurde sie für Lastentransporte, z.B. um Wein von Bregenz nach Konstanz zum Konzil zu bringen.
Kapitän Bauer erzählt uns von den Privilegien, die ein Schiff damals hatte: solange die Ladung auf seinem Schiff war, durfte er sich am Wein bedienen. Wegen der hohen Wertverluste wurde später das Gesetz erlassen, wonach die Fässer ebenso voll in Bregenz anzukommen haben wie sie in Konstanz abfuhren. Diese unglückliche Formulierung brachte die Seeleute nicht von ihrem Treiben ab. Stattdessen wurde vor der Einfahrt in den Zielhafen die entstandene Luftblase mit Wasser aufgefüllt.
In einer freien Stunde nutze ich die Gelegenheit und besuche das Archäologische Landesmuseum. Ich bin im besten Sinne überrascht, was das Haus zu bieten hat. Alle wesentlichen zeitgeschichtlichen Epochen sind mit einmaligen Exponaten bestückt. Auch die Schifffahrt auf dem Bodensee wird gewürdigt. Das beginnt beim Einbaum und endet bei der aktuellen weißen Flotte. Die Lädine fehlt in dieser Reihe nicht und wird ausführlich in einem großen Schauraum vorgestellt.
Tipp: Während der baden-württembergischen Schulferien ist die Lädine mittwochs als Piratenschiff unterwegs
Tipp: Zahlreiche Sehenswürdigkeiten können nach Erwerb einer BodenseeErlebniskarte kostenfrei besichtigt werden. Termine für Führungen und alle Informationen sind bei der Tourist-Info im Konstanzer Bahnhof erhältlich.
Dank geht an die ibt, die TMBW, an Immenstaad sowie an die Konzilsstadt Konstanz für die UNterstützung der recherchen durch die EInladung zu Pressereisen.