Auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg zwischen Sigmaringen und Meßkirch finden Jakobspilger Orte religiösen Lebens in der Region.
Von Hechingen kommend können Pilger große Teile auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg die ehemaligen Hohenzollerischen Lande in Baden-Württemberg kennen lernen. Der Weg führt durch einige Täler und gilt als der leichteste über die Schwäbische Alb.
Die geschichtsträchtige Region war in Teilen preußisch. Bei den Hohenzollerischen Landen handelt es sich um die schwäbisch-katholische Abspaltung der hohenzollerischen Kaiserfamilie, die ihren preußischen Regierungssitz in Sigmaringen hatte. Das alles überragende Schloss ist bis heute Stammsitz und Heimat der Fürstenfamilie.
Auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg durch die Täler der Schwäbischen Alb
Von Hechingen kommend, führt der Weg durch die Täler von Starzach, Killer und Fehla über Burladingen und Neufra ins Laucherttal, in dessen Verlauf schon das verwaltete Stadtgebiet von Sigmaringen beginnt, obwohl es sich offensichtlich um eine sehr ländliche Gegend handelt.
Zuvor geht es an einigen beschaulichen Orten vorbei, in denen man die religiöse Prägung und Geschichte der Landbevölkerung kennen lernen kann. Zu den Highlights (auch im geografischen Sinne) gehört in Neufra die Heiligkreuz-Kapelle. Über dem Ort thront das Gotteshaus, das auch Hochbergkapelle genannt wird.
Wie viele Kapellen ist sie auch aufgrund eines Gelübdes entstanden. Häufig wurden solche Versprechen gemacht und umgesetzt für den Fall, dass die Pest nicht mehr die Bevölkerung dahinrafft. In Neufra hingegen galt das Gelübde dem Ende von 14 Hageljahren.
Von hier hat man auch einen schönen Ausblick über den Ort und die Schwäbische Alb, ehe der Weg weiter ins Laucherttal führt. Direkt am Aussichtspunkt befindet sich eine Sitzgruppe mit Tisch, ein schöner Ort für eine Rast. Zur Stadt Sigmaringen gehören seit der Gebietsreform auch einige Teilorte, die Stationen auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg sind.
Im Laucherttal mit seinem mäandernden Flussverlauf gelangt man aus Veringenstadt kommend nach Jungnau. Die St. Anna-Kirche neben dem alten Burgfried und einigen Fachwerkhäusern bilden ein romantisches Dorfensemble, das man für eine kleine besinnliche Einkehr gerne besuchen sollte.
Hier im Laucherttal ist nicht nur die Kirche im Dorf, sondern auch die einstige Höhenburg Jungnau, deren imposanter Rest des Bergfrieds bis heute steht. Er wird auch Kaiser-Wilhelm-Turm genannt, womit einmal mehr der Bezug zum preußischen Kaiserreich der Hohenzollern deutlich wird.
Sigmaringen ist auch Wallfahrts- und Pilgerstadt
Der Hohenzollerische Jakobsweg erreicht in Sigmaringen auch die Geburtsstadt des heiligen Fidelis (1578-1622). Der Jurist und Philosoph mit dem Taufnamen Markus Rey gab seine einträgliche Stellung auf, um in den Kapuzinerorden einzutreten und mit dem Ordensnamen Fidelis („der Treue“) die Priesterweihe zu empfangen. Bald nannte man ihn den „Advokat der Armen“.
Während seiner Missionstätigkeit in Graubünden geriet er in die konfessionellen Konflikte der Reformation und Gegenreformation. Er wurde erschlagen, nachdem er seinem katholischen Glauben nicht abschwören wollte. Er wurde in der Chur bestattet und sein Haupt wird als Reliquie im Kapuzinerkloster in Feldkirch aufbewahrt. Fidelis ist einer der bekanntesten Heiligen aus dem schwäbischen Kulturkreis und wird in vielen Kirchen in der Region verehrt.
In Sigmaringen begegnet man seinem geistlichen Erbe an allen Ecken der Stadt. In der Johannes-Kirche, direkt neben dem Schloss, befindet sich eine ungewöhnliche Kontaktreliquie. Die Fideliswiege symbolisiert den Anfang seines Lebensweges und gehört zur Gebetskultur in der Hohenzollernstadt.
Einmal im Jahr – um seinem Todestag am 24. April – findet in Sigmaringen das Fidelisfest statt, zu dem meist prominente Prediger der katholischen Kirche zu Gast sind.
Laiz: Wallfahrtsort mit ehemaliger Klosterkirche
Wenn man die Innenstadt von Sigmaringen in Richtung des nächsten Etappenziels Meßkirch verlässt, kommt man auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg entlang eines ruhigen Stückes an der Donau in den Teilort Laiz. Über dem Ortskern erhebt sich eine außergewöhnliche Kirche mit einem schönen Kirchhof mit Epitaphen und einem Bibelgarten. Das Innere jedoch dürfte überraschen.
In der unscheinbar wirkenden Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Peter und Paul erwarten Pilger Werke der Kirchenkunst seit der Zeit des Mittelalters. Zugleich handelt es sich um eine Doppelkirche. Neben der Pfarrkirche befindet sich in der ersten Etage die ehemalige Klosterkirche des benachbarten Franziskanerinnen-Klosters, wo auch die Schmerzensmutter zur Wallfahrt einlädt.
Die Pieta begleitet eine aufregende Geschichte. Während der Reformation und des späteren Bildersturms sollte sie nach der Auflösung ihres Ursprungsklosters in Ebingen entfernt werden, worauf zwei Nonnen die Gottesmutter auf abenteuerlichen Wegen vor dem Verbrennen retteten und nach Laiz brachten. Hier wird sie seither verehrt.
Ihr Vorbild stiftete dem Kloster den Namen Maria-Laiz. Da die Kirche in Laiz früher Dekanatskirche war, wurden hier bis ins 18. Jahrhundert auch die Sigmaringer Pfarrer bestattet, ehe sie Filialkirche wurde. Hier probt auch der Kirchenchor, dem der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann angehört.
Ebenso ist Laiz der Geburtsort des bedeutenden Bildhauers Josef Henselmann, der Professor und Präsident der Kunstakademie in München war. Seine Werke gelten „Henselmanns Dom-Hochaltäre von Passau 1953 und Augsburg 1962 gelten in einer 600-jährigen Geschichte sakraler Kunst als die letzten großen Werke ihrer Gattung“, so das Urteil des Kunsthistorikers Norbert Lieb.
In Laiz begegnet man Henselmanns Wirken an der Donaubrücke in Form der Christophorus-Figur und in der Kirche im Altarstein und einem originellen Deckenfresko. Im Vorgarten hinter der Kirche steht sein Grabstein, der vom Beuroner Künstlermönch P. Ansgar Dreher geschaffen wurde. Im ehemaligen Laizer Siechenhaus kann man jeden ersten Sonntag im Monat eine Sammlung seiner Werke bewundern. Von Laiz führt die Route auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg weiter nach Inzigkofen und Meßkirch.
Inzigkofen: Klosterkirche, „Dom auf dem Lande“, Mater Dolorosa
Wenn es die Zeit während einer Etappe auf dem Jakobsweg erlaubt, sollte man sich unbedingt den fürstlichen Park in Inzigkofen ansehen. Efeuumrankte Bäume in ungleichmäßiger Wegführung, Bänke, Treppen, steile Gesteinsformationen und die Teufelsbrücke bilden rund um den Amalienfelsen eine einmalige Parkanlage.
Die Gartenkunst wurde von der bis heute verehrten Fürstin Amalie Zephyrine inspiriert, durch deren Einfluss während der Mediatisierung der Erhalt des Fürstentums Sigmaringen-Hohenzollern möglich wurde. Sie lebte im 19. Jahrhundertnach aufregenden Jahren in Paris zuletzt im ehemaligen Augustinerinnen-Stift in Inzigkofen, deren Klosterkirche heute zur Pfarrei gehört.
Die Klosterkirche von heute wurde 1780 erbaut. Das dazugehörige Augustinerinnen-Chorfrauenstift lebte seit 1412 abgekoppelt von der Pfarrgemeinde in strenger Klausur. Dies hat sich auch in der Architektur des Kirchenraums niedergeschlagen. Er ist so angelegt, dass die Nonnen an den Gottesdiensten teilnehmen konnten ohne gesehen zu werden. Alleine das dazugehörige Gitter an der Empore lohnt bis heute einen Besuch.
Der Weg von Inzigkofen Richtung Meßkirch führt nicht nur durch ruhige Felder am Waldrand, an deren Ende der Ort Vilsingen auftaucht. Auch wenn Inzigkofen und Vilsingen heute in einer Gemeinde liegen, verlässt man auf diesem Teilstück auch die ehemals preußischen Lande und kommt in die Region des ehemaligen Großherzogtum Baden.
Prägnant erhebt sich der Kirchturm aus dem Dorfkern. Er erinnert ein wenig an das Ulmer Münster, weswegen die neogotische Pfarrkirche von den Einheimischen auch „Dom auf dem Lande“ genannt wird.
Im Innern trifft man im Altar und an den Seitenwänden auf schön gefasste Heiligenfiguren. Dazu gehören Karl Borromäus mit seiner roten Kardinalstracht oder auch der heilige Meinrad, dem auch eine Einsiedlerkapelle im fürstlichen Park von Inzigkofen geweiht ist.
In Vilsingen gibt es auch noch die alte Pfarrkirche, die als Friedhofskapelle genutzt wird. Sie ist die zweitälteste Kirche Hohenzollerns mit wertvollen Resten von Wandmalereien.
Drei Kilometer weiter kommen Pilger auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg nach Engelswies. Weithin sichtbar zeigt die gelb bemalte Kirche den Weg zur schmerzhaften Muttergottes, die eingebettet ist in ein einmaliges barockes Ensemble. Die Wallfahrt zur schmerzhaften Gottesmutter von Engelswies ist seit dem frühen 12. Jahrhundert bezeugt.
In Engelswies wird auch die heilige Verena, Schutzpatronin der Pfarrhaushälterinnen, verehrt. Der Legende nach ist sie einem Hirtenjungen während einer Dürre erschienen und ließ eine Quelle entspringen. Die Engelswieser Verena-Kapelle liegt auch auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg am Ortsrand nach Engelswies am Waldrand und lädt zur besinnlichen Rast ein, ehe man weiterpilgert nach Meßkirch.
Meßkirch, die Stadt des heiligen Heimerad
Über Igelswies, wo man übrigens das Haus der Schlagerstars Anita und Alexandra passiert, führt der Hohenzollerische Jakobsweg weiter nach Meßkirch. Hoch auf dem Schlossberg steht die Stadtkirche St. Martin. Sie ist weithin sichtbar und zeigt bereits durch ihren Namen an, dass es sich hier um einen traditionsreichen Ort handelt, der vermutlich seit dem Frühmittelalter besteht.
Die ältesten Zeugnisse von „Missankilche“ stammen jedoch aus der Vita des Ortsheiligen. Der heilige Heimerad folgte Ende des 10. Jahrhunderts von hier aus seinem Ruf nach einem christlichen Leben und verzichtete auf eine gut dotierte Stelle als Hauskaplan.
Er wollte das Leben mit den Armen auf der Straße teilen. Lange Pilgerjahre führten ihn nach Rom und Jerusalem, ehe er auf dem Hasunger Berg im heutigen Hessen bei Kassel eine Einsiedelei gründete. Nach dem Tod des heiligen Heimerad entstanden auf seinem Grab die damals zweitgrößte Wallfahrt Deutschlands und ein Kloster, das ihm geweiht war.
Heute ist der heilige Heimerad weitgehend vergessen, aber einige Meßkircher und Burghasunger halten sein Andenken hoch, was auch eine Statue in der Stadtpfarrkirche bezeugt. Nach Meßkirch führt auch der Beuroner Jakobsweg, der von Balingen und Beuron kommt. Anschließend geht es weiter Richtung Kloster Wald
Wald ist eine ehemalige hohenzollerische Exklave und zugleich Endpunkt des Hohenzollerischen Jakobsweg. Er mündet dann in den Hegauer und den Linzgauer Jakobsweg, die in zwei Varianten weiter nach Konstanz führen.
Pilgerwege für Anfänger: Auf dem Hohenzollerischen Jakobsweg hat man einen geeigneten Camino in Baden-Württemberg, um das Pilgern einzuüben. Hier lässt sich klären, ob man weitergeht und den gesamten Jakobsweg nach Santiago des Compostela auf sich nehmen möchte.
Pilgern für einen Tag ist hier ebenfalls möglich. Dafür ist die Etappe von Sigmaringen nach Meßkirch ideal. Sie hat die empfohlene Tagesstrecke von etwa 20 km und über die halbwegs gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel kommt man zurück zum Ausgangspunkt.
Tipp: die Beuroner Jakobspilger-Gesellschaft stellt Pilgerausweise aus und unterstützt bei der Planung auf dem Jakobsweg Süddeutschland. Das Beuroner Pilgerbüro ist derzeit wegen Umbauarbeiten geschlossen, aber online erreichbar: via-beuronensis.de.
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