In ihrer Doppel-Biografie über „Kaiser Heinrich II. und Kunigunde“ beschreibt Karin Schneider-Ferber „das heilige Paar“ – so der Untertitel – im „Spannungsfeld zwischen Macht und religiösem Ethos“.
Während sich manche Historiker auf das politische Handeln fokussieren, bezieht Karin Schneider-Ferber in „Kaiser Heinrich II. und Kunigunde“ die religiöse Dimension ihrer Leben ein. Die zehn Kapitel des Taschenbuches folgen dem chronologischen Lebenslauf des Liudolfingers Heinrich aus der Ottonen-Dynastie und thematisieren sein Herzogtum in Bayern, die luxemburgischen Ursprünge Kunigundes, das Königtum der beiden, die Regierungszeit, die Stiftung des Bistums Bamberg, die Kaiserzeit, das christliche Engagement in der Kirche, die letzten Jahre des Kaiserpaars sowie ihre Erinnerungskultur und Kanonisation.
Das Buch ist nicht nur handlich, sondern auch gut verdaulich, denn Karin Schneider-Ferber gelingt es, mit ihrem lebendigen und stellenweise richtig spannenden Schreibstil das Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde und die gesamte Zeit der Ottonen-Dynastie näher zu bringen. Hierzu geht der Blick zunächst zurück in die frühe Zeit des 10. Jahrhunderts, als die sächsischen Könige das Ruder im Heiligen Römischen Reich in die Hand bekamen.
In diesem Vorspann beleuchtet Karin Schneider-Ferber wesentliche Zeitfaktoren: wie wurde man König und Kaiser, welchen konstitutiven Rahmen gab es dafür und welche Mentalitäten spielten dabei eine entscheidende Rolle? Das ist relevant für die gesamte Deutung der Regierung durch Heinrich II. und Kunigunde.
Katrin Schneider-Ferber bezieht die religiös-christliche Dimension immer mit ein, denn die Grundfrage lautet nicht „Wie wurde geherrscht?“, sondern „Wie wurde als frommer Christ regiert?“. Diese Frage zieht sich durch das gesamte Leben Heinrichs und Kundigundes, wobei das Buch aufzeigt, wie Heinrich von frühester Kindheit einerseits mitten in den Familienfehden als auch unter kirchlich-klösterlichem Einfluss stand und durch diese Doppelbildung Herzog von Bayern wurde.
Erst der überraschenden Tod Ottos III. löste einige Konflikte mit den Großen des Reiches um die Nachfolge aus, als Heinrich nach einer Phase der Loyalität zu seinem Vetter seine Chance gekommen sieht. Er nimmt im wahrsten Sinne des Wortes das Zepter in die Hand und setzte sich bekanntlich als König durch. Unter Einbeziehung der Quellenlage zeigt das Buch erzählstark den Machtinstinkt Heinrichs II. auf, dem es in entscheidenden Situationen gelingt, Fakten zugunsten seines Herrschaftsanspruches zu schaffen. Dabei arbeitet die Autorin anschaulich die starke Gewichtung kirchlich-liturgischer Akte gegenüber politischen Prozessen heraus, die Heinrichs Selbstdeutung als von Christus gekrönten König untermauern.
Darin eingeflochten ist stets die Geschichte und das Wirken der Königin und Kaiserin Kunigunde, deren luxemburgisch-westfränkische Herkunft mit der Regierungsauffassung Heinrichs harmonierte. Karin Schneider-Ferber zeichnet so ein illustres Bild uber das regierende und sich herzlich zugeneigte Paar.
Zur Erhellung der Quellenlage und der situativen Bezüge gibt es im Buch immer wieder hilfreiche Einschübe, in denen ein Ort, eine Person, eine Gruppierung, eine Konvention oder andere Quellen in Beziehung zum Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde gesetzt werden.
Etwas verwunderlich ist die Position zur Kanonisation Heinrichs II. und Kunigundes, die Katrin Schneider-Ferber als „überraschenderweise auf getrennten Wegen“ beschreibt, schließlich erfolgen Heiligsprechungen immer nach kirchenrechtlicher Prüfung auch bei Paaren oder anderen Gruppen getrennt nach Einzelpersonen. Leider werden auch die durch Heinrich gewirkten Wunder nicht genannt, die neben dem tugendhaften Lebenswandel entscheidend für die Erhebung zur Ehre der Altäre sind.
Dennoch komprimiert das 147seitige Taschenbuch, das durch eine Zeitleiste, einen Stammbaum und ein Quellen- und Literaturverzeichnis ergänzt wird, alle Phasen und Faktoren im Leben von Heinrich und Kunigunde zu einem wertvollen Kompendium. Es dürfte auch für Schüler und Studenten ein Gewinn sein, schließlich sorgt die klare und lebendige Rhetorik des Büchleins für eine Entstaubung von akademischen Wortkapriolen.
Karin Schneider-Ferber: Kaiser Heinrich II. und Kunigunde. Das heilige Paar
broschiert, 11 x 1.3 x 18.6 cm, 160 Seiten, erschienen am 1.9.2022, ISBN 9783791733548, 14,95 € (kleine bayerische biografien)
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