Bier-Geschichte: Urkunde des Reinheitsgebotes

Was macht Bier-Geschichte(n) an der Donau so besonders?

Bier spielt an der jungen Donau traditionell eine wichtige Rolle. Die Geschichte des Brauens reicht sehr weit zurück.

Beim Genuss von Bier fängt zwar der Spaß an, bei der Geschichte des Biers dagegen geht es etwas ernster zu. Denn Bier war seit jeher und ist bis heute ein Kultur- und Wirtschaftsgut, dem auch an der jungen Donau eine wichtige Rolle zukommt.

Vorzeit: Mesopotamien. Brot. Gärung

Weltweit nahm die Geschichte des Bieres mutmaßlich durch einen Unfall ihren Anfang. Irgendjemand in Mesopotamien hat vor etwa 10000 Jahren ein feuchtes Brot herumstehen lassen, das dann zu gären begann. So die gängigste Theorie.

Der berauschende Siegeszug des Biers ereilte die ganze Welt – auch Mitteleuropa wurde zur Bierregion. Die Kultivierung lag zunächst in Frauenhänden. Erst im Mittelalter zogen insbesondere die Klöster die Kompetenz des Brauens an sich.

Mittelalter: Mönche. Maische. Bier

Wer kennt sie nicht? Bierfilzlmönche mit dickem Wanst, Krug in der Hand und breitem Lächeln. „Flüssiges bricht das Fasten nicht“, lautet ein bekannter Fastenspruch. Bier hat(te) in Klöstern tatsächlich einen hohen Nährwert und half so manchem über die herausfordernde Zeit des mehr oder weniger gut durchgehaltenen Fleischverzichts hinweg.

Gleichzeitig war Bier gesund – im Sinne von lebenserhaltend. Denn Wasser war im Mittelalter häufig verschmutzt und Bier somit hygienisch weit überlegen. Mönche haben das Brauen weiterentwickelt, aber auch das Wissen dazu in Chroniken und Urkunden überliefert. Deshalb gibt es Quellen zur Geschichte des Biers an der jungen Donau.

764, Geisingen / „de crano ad cirvisa“

Bierwissen erweitert sich bis heute auch durch die Entdeckung bisher unbekannter Quellen rund ums Einmaischen. Der aktive Umgang mit der Geschichte und die Verwurzelung in der Region gehört auch zu den Inspirationsquellen heutiger Brauer, wenn sie ihre Rezepte entwickeln oder alte Sorten neu interpretieren.

Auch die Junge Donau spielt bei den Überlieferungen eine bedeutende Rolle. Die ältesten bekannten Textquellen zum Brauen stammen aus dem 8. Jahrhundert. Aus Urkunden weiß man, dass auch 764 im Kloster St. Gallen gebraut wurde.

Urkunde
Ausschnitt aus der Urkunde von 764

Das dazugehörige Biergetreide („de crano ad cirvisa“) wurde von Geisingen in das Bodenseekloster geliefert. Basis der Vereinbarung war meistens eine Schenkung an das Kloster St. Gallen. Es ist jedoch nicht die älteste bekannte Urkunde. Im St. Galler Stiftsarchiv existiert eine weitere von 754, sie stammt aus der Ostschweiz.

817, Aachen / Heidnisches Gesöff oder göttlicher Trunk?

Das Klischee vom biertrinkenden, wohlbeleibten Kuttenträger wird gerne als Urbild der Bierkultur vermarktet. Es war tatsächlich so, dass die Klöster im Mittelalter zunehmend das Heft des Brauens in die Hand nahmen, nachdem diese Aufgabe zu großen Teilen in Frauenhand lag. Sudkessel gehörten einst zur Aussteuer.

Vor dieser Aneignung stand aber die geistliche Hürde, ob Bier als „heidnisches Gesöff“ im christlich-monastischen Leben nicht besser gänzlich verboten gehört. Auf einer der Synoden in Aachen wurde es 817 jedoch für den klösterlichen Gebrauch freigegeben.

Die Klöster waren im fränkischen Reich die wichtigsten Bildungszentren, die auch das Brauhandwerk weiter entwickeln konnten. Bier diente damals als Grundnahrungsmittel und wurde für den Eigenbedarf und für Bedürftige abgegeben. Erst später entwickelte sich daraus ein Geschäft.

819, St. Gallen / Drei Brauereien im St. Galler Klosterplan

Der St. Galler Klosterplan ist die älteste erhaltene Architekturzeichnung des Mittelalters. Entstanden ist sie auf der Insel Reichenau nach 819. Dort wurde der Klosterplan im Auftrag von Abt Haito entwickelt, der ihn seinem Amtsbruder Abt Gozbert von St. Gallen zur Verfügung stellte.

In diesem Idealplan sind auch drei Brauereien integriert, in denen unterschiedliche Sorten für unterschiedliche Gruppen (Höhere Herren, einfache Mönche und Pilger) gebraut wurden. Die Darstellungen der drei Brauereien sind sehr ähnlich und geben eine Vorstellung von den damaligen Werkstätten.

Die orangenen Felder markieren die Platzierung der Brauereien im St. Galler Klosterplan; Foto: Stiftsbibliothek St. Gallen
Der gezeichnete Aufbau einer karolingischen Brauerei; Foto: Stiftsbibliothek St. Gallen

Das Quadrat in der Mitte stellt die Feuerstelle dar, in dessen Ecken sich vier Sudpfannen befanden. In diesem Raum wurde auch die Maische in die Läuterbottiche umgefüllt (vermutlich durch die vier anderen Kreise dargestellt). Dann wurde ein zweiter Raum daneben eingezeichnet, die den Gär- und Lagerraum darstellen.

Die Sudpfannen und Bottiche waren damals viel kleiner, weil frisch zubereitet und auch frisch verbraucht wurde. Es wurde vermutlich kontinuierlich nach Bedarf produziert, weil Bier nicht lange haltbar war.

1050 / Was vom Abt zugemessen wurde

Ein wichtiger Mönch für die Überlieferungen im Kloster St. Gallen, das im erweiterten Bodenseeraum sehr großen Einfluss hatte, ist Ekkehard IV. Er war Chronist des Klosters und bekam von seinem Abt Radpert den Auftrag, die Geschichte des Klosters zu dokumentieren und fortzuschreiben.

Erst nach Ekkehards Tod wurden die Schreiber der Chroniken anonymisiert, was auch eine Ursache für seine Bekanntheit darstellt. Dennoch genießen seine Überlieferungen einen hohen Stellenwert, seine Chroniken und Glossen gelten als die „köstliche Klosterbücher“.

Zu diesen Köstlichkeiten gehört auch eine Biergeschichte. Im Rahmen seiner Amtspflicht oblag es dem Abt festzulegen, wieviel Bier die Mitbrüder maximal trinken sollten. Abt Radpert in St. Gallen hat unzimperlich verfügt: die Mönche sollen pro Tag höchstens fünf Zumessungen Bier erhalten. Bis heute ist nicht geklärt, ob die Zumessung (eine Maß) seinerzeit einen oder zwei Liter betrug.

1283, Donaueschingen / die älteste Brauerei liegt an der Donauquelle

Sie ist die älteste noch existierende Brauerei an der Jungen Donau: die fürstlich Fürstenbergische Brauerei in Donaueschingen wurde mit Hilfe des Brauprivilegs gegründet, das Graf Heinrich von Fürstenberg von König Rudolf von Habsburg erhielt, als die Fürstenberger 1283 die Landgrafschaft Baar mit „Tunôeschingen“ zum Lehen erhielten.

Für das Hochmittelalter ist das eher ungewöhnlich, waren die Braurechte doch meist in Händen der Klöster und Fürstäbte. Und: die Fürstenberger erhielten das Lehen von keinem geringeren als dem ersten Kaiser der Habsburger Donaumonarchie.

Es handelte sich über viele Jahrhunderte eher um eine kleine Brauerei. Nach der Verlegung des Hauptsitzes des Fürstenhauses von Heiligenberg nach Donaueschingen zogen mit Fürst Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg Expansionsbestrebungen ein, der eine größere Brauerei baute.

Ausstellung im Bier-Museum der Fürstenberg-Brauerei
Im Bier-Museum in Donaueschingen kann man verschiedenen historischen Epochen nachspüren.

Bis heute steht sie am gleichen Standort und auch die kaiserlichen Verbindungen blieben bis zuletzt. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert ist das Schicksal der Fürstenberg-Brauerei eng verwoben mit Josef Munz. Der talentierte Braumeister trat 1882 in die Brauerei ein.

Schon zwei Jahre später eroberte er das Berlin des deutschen Kaiserreiches. Zuerst mit dem Salvator, das Kanzler Otto von Bismarck zu seinem Haustrunk machte. Der Erfolg der Donauquell-Biere erreichte 1900 seinen Höhepunkt, als Kaiser Wilhelm II. vom Fürstenberg-Bier derart begeistert war, dass er es zum „Tafelgetränk Seiner Majestät“ erhob.

1487, Leibertingen / Eine der ältesten ehemaligen Brauereiwirtschaften

Das Gasthaus Adler in Leibertingen ist bekannt für seine stilvolle Einrichtung, seine gute Küche und seine gepflegte Gastfreundschaft mit ihren genussreichen Einblicken. Weniger bekannt hingegen ist, dass es sich um einen der ursprünglichen Brauereigasthöfe aus dem Mittelalter handelt, die noch heute existieren.

Im Adler wurde bereits im Mittelalter eine Brauerei errichtet. Dazu gehörte auch der bis heute existente Eiskeller des Anwesens, wo das aus dem Eisteich geschlagene Eis zur Kühlung genutzt wurde. Dadurch konnte die Reifelagerung von Bier bis in den Mai oder Juni hinaus gezogen werden.

Mit Hilfe dendrochronologischer Untersuchungen konnte man den Keller auf das Jahr 1478 datieren. Im Café Augenblick mit seiner schönen Einrichtung im Landhausstil genießen Gäste im Adler in Leibertingen heute Kaffee und hausgemachte Kuchen, einst standen hier Sudpfanne und Läuterbottich.

Der ehemalige Gärkeller wird heute als Gaststube genutzt, Foto: (c) Adler, Leibertingen

Im darunter liegenden Gewölbekeller war – so die Vermutung – der Gärkeller der Brauerei. Originale Haken aus dem Mittelalter legen nahe, dass hier Winden verlegt waren, an denen die Fässer aus der Brauerei in den Keller und von dort durch eine kleine Öffnung nach außen transportiert wurden.



Neuzeit: Reinheitsgebot. Leviten

1516, Ingolstadt / Das bayerische Reinheitsgebot

Ein berühmter Meilenstein in der Geschichte des Brauens stellt das bayerische Reinheitsgebot dar, das in Ingolstadt an der Donau 1516 für das Herzogtum Bayern erlassen wurde. Es begrenzte die erlaubten Zutaten und stellt somit das erst Lebensmittelgesetz dar. Der Originaltext des Reinheitsgebotes lautet:

Wir wöllen auch sonderlichen / das füran allenthalben in unsern Stetten / Märckthen / unnd auf dem Lannde / zu kainem Pier / merer Stückh / dann allain Gersten / Hopffen / und Wasser / genommen und gepraucht sölle werden.

Dürfen wirklich nur Gerste und Hopfen ins Bier?

Die wichtigste Zutat ist ab 1516 die Gerste, die man als einziges Getreide mälzen durfte. Das Reinheitsgebot wurde nicht nur zum Schutz eines beliebten Volksgetränkes erlassen. Dieses Bestreben mag es gegeben haben, doch es gab noch andere relevante Gründe für den Erlass des Reinheitsgebotes:

  1. Andere Getreidesorten sollten für die Versorgungssicherheit mit Brot oder anderem Bedarf geschützt werden
  2. Es gab aber eine Ausnahme. Auch mit Weizen durfte gebraut werden, denn zum Erlass gehörte zur Absicherung wirtschaftlicher Interessen des Staates das Weizen-Monopol für das Haus Wittelsbach, das erst 1798 von Kurfürst Karl Theodor aufgehoben wurde.
  3. Man wollte die „Bieranarchie“ bekämpfen – sprich: der Panscherei ein Ende setzen – um die Gesundheit der Menschen nicht weiter zu gefährden. Oft wurden Kräuter, Blüten, Rinde, Tollkirschen oder Ochsengalle zugesetzt, um schlechtes (oder gar giftiges) Bier geschmacklich gefällig zu machen.

Eine oft gestellte Frage lautet: Warum steht Hefe nicht im Reinheitsgebot? „Heute back ich, morgen brau ich…“, heißt es im Märchen Rumpelstilzchen. Hier wird auf die Zunft der Bäcker angespielt, die seit dem Mittelalter zu den besten Brauern zählten.

Dieser Ruf hing Bäckerinnen und Bäckern aber nicht nach, weil sie das beste Bier brauten, sondern weil sie meist keine misslungene Maische wegschütten mussten. Denn Bierbrauen war damals eine Art Glücksspiel. Es war überhaupt nicht bekannt, dass Hefe die Gärung auslöst. Und deshalb steht sie auch nicht im Reinheitsgebot.

Maische begann dann zu gären, wenn Hefen in der Luft herumschwirrten und sich im offenen Bottich ablagerten. In den Backstuben war dies wahrscheinlicher, weshalb Bäcker das Glück mehr als andere erzwingen konnten.

1521, Zwiefalten / Benediktinische Brautradition

In der ehemaligen Benediktinerabtei in Zwiefalten sind zwar kein Mönche mehr beheimatet, die Tradition des Brauens dagegen ist erhalten geblieben. Nachdem seit 1521 innerhalb der Klostermauern gebraut wurde, verfügte Abt Beda Sommerberger 1724, ein eigenes Brauhaus außerhalb der Klostermauern zu bauen.

Dieser Standort hat sich nicht mehr geändert. Nach der Säkularisierung des Klosters 1803 mündete das Intermezzo der königlich-württembergischen Nachfolger 1827 in privatwirtschaftliche Regie – mittlerweile in der sechsten Generation.

1699, Kreenheinstetten / Abraham a Sancta Clara: Bier und Leviten für alle

Der wortgewaltige und humorvolle Wiener Hofprediger Abraham a Santa Clara ist ein Wirtssohn aus Kreenheinstetten, wo im Landgasthof Zur Traube bis heute die originale Gaststube und eine Gedenkstätte in die Zeit des 17. Jahrhunderts führen.

Abraham a Sancta Clara wurde bekannt für seine geschliffene Rhetorik, mit der er den Menschen unabhägig von Stand und Ansehen ins Gewissen zu reden wusste und mehr oder wenige Lacher damit erzeugte.

Um die Wende ins 18. Jahrhundert durchsuchte er einmal die gesamte Bibel. Zu seinen Absichten erklärt er: „In ganzer heiliger Schrift geschieht gar keine Meldung von dem Bier“. Dennoch schätzte er Bier, nicht zuletzt als Getränk für das gesamte Volk.

Abraham a Sancta Claras Lob des Bieres und der Brauer zielte auf die heilsame Wirkung und die dahinter stehende Bescheidenheit, die er im Vergleich zum Wein ausmachte:

Obschon das Bier mit dem Wein sich in keine Kompetenz einlasset und demselben gern den Vorsitz gönnet, dennoch wird es mehrmal von den verständigen Medicis manchem Patienten zugelassen, […] welches destomehr die Ehr des Biers, und folgsam des Bierbräuers, vergrößert.

Abraham a Sancta Clara

Neben der Wertschätzung der vergorenen Weizen- und Gerstensäfte forderte er trotz der Leiden seiner Zeit gewissenhaftes Arbeiten mit Bier. Entsprechend groß war getreu seiner Art Abrahams Schelte, wenn ein Bier nicht nach den Regeln der Kunst gebraut wurde, obwohl es das Reinheitsgebot schon fast 200 Jahre gab und bei Missachtung drakonische Strafen drohten.

Abraham a Sancta Clara forderte aber auch Qualität, die er nicht bei allen umgesetzt sah: „Bei manchem Bräuer aber findet man so kraftloses Bier, dass die Regentropfen, sofern sie ihren Weg nur über die Dachschindeln nehmen, eine bessere Kraft in sich haben“.

Auch den Gastwirten redete er ins Gewissen: „Allen Wirten, welche nicht nur allein wider ihr Gewissen die Gäste weit ärger rupfen als die Gänse, […] einen sauren Wein und schlechtes Bier verkaufen. Allen diesen wird Gott am Jüngsten Tag eine harte scharfe Zeche machen“.

1782, Wurmlingen / Die „staatstragende“ Geschichte der Hirsch-Brauerei

1782 machte der Wirt Ludwig Eble aus der Schildwirtschaft in Wurmlingen eine Brauereiwirtschaft. Das verschafft ihm so viel Anerkennung, dass er schon bald vom Kloster St. Blasien als Architekturberater nach Grafenhausen gerufen wurde, um die Gaststätte zum Rothen Haus ebenfalls um eine Brauerei zu erweitern.

Entgegen der zeitlich befristeten Verträge behielt man Ludwig Eble kurzerhand als Chefbrauer und Pächter im Rothen Haus. Somit war der erste Schritt in Richtung Badische Staatsbrauerei Rothaus getan. Die noch junge Hirsch-Brauerei in Wurmlingen blieb dennoch bis heute im Besitz der Familie, lediglich die Namen wechselten durch Heirat oder Verschwägerung.

Viele historische Zeugnisse werden im hauseigenen Bier-Museum ausgestellt.

Moderne: Industrialisierung. Brauereisterben. Craft Beer

1850, Sigmaringen / Von Friedrich, Fritz, Frederick und Fred

Die Fürstenfamilie der Hohenzollern-Linie betrieb im Sigmaringer Schloss eine eigene Hofbrauerei. 1849 berief der letzte amtierende Fürst Karl Anton 1849 Braumeister Friedrich Müller aus Riedlingen ans „Bierkäschtle“.

Doch 1850 war es mit der fürstlichen Autonomie vorbei. Die Ländereien der Zollern aus der Sigmaringer Linie wurden der preußische Regierungsbezirk „Hohenzollerische Lande“. Fürs Bier-Image war dieser Vorgang wenig schädlich. Preußen war dank des „Alten Fritz“ bierfreundlich, schließlich war der Regent selbst ein gelernter Brauer.

Frederick Miller; Foto: Wikimedia

Dennoch verließ Brauer Friedrich Müller wie viele andere Sigmaringen und das Land. Er schloss sich der Auswanderungswelle in Richtung Amerika an. In der neuen Welt landete er in Milwaukee und hieß von nun an Frederick Miller. Bald kaufte er eine aufgelassene Brauerei und gründete die „Milwaukee Brewery“.

Diese ist nicht sonderlich bekannt, bekannt hingegen ist der Großkonzern Miller Brewery. Seine Brauerei wurde der zweitgrößte Bierproduzent der Welt und erst 2015 kam es zur Megafusion mit der No. 1 Anheuser-Busch zu SABMiller. Die Brauerei Zoller-Hof erinnert an diese Tradition mit einem Bier namens „Old Fred“.

1839-89, Tuttlingen / Ungewöhnlich hohe Brauereidichte

IM 19. Jahrhundert erlebte Bier – insbesondere in Süddeutschland und auch in Tuttlingen, einen einmaligen Aufstieg. Schon 1830 gründeten die Tuttlinger einen eigenen Brauereizunftverein. In der Oberamtsbeschreibung von Tuttlingen heißt es 1839: „Unter den sämmtlichen Wirthen sind gegen 30 Bierbrauer, die zum Theil gutes Bier liefern, wovon vormals, ehe Constanz, Schaffhausen und Zürich eigene Brauereien hatten, eine weit größere Quantität, als jetzt, in die Schweiz abgesetzt wurde“.

Brauereien gehörten Ende des 20. Jahrhunderts zu fast jedem Ortsbild. Dennoch sticht die Tuttlinger Kernstadt anno 1889 besonders heraus: auf 12.000 Einwohner kamen 42 Brauereien. Mit so vielen Sudpfannen lag Tuttlingen auf Augenhöhe mit Städten wie Dortmund, das jedoch rund 90.000 Einwohner zählte.

Ursache war die Industrialisierung und die hohe Zahl der Einpendler. Damals gab es noch keine Betriebskantinen (und schon gar kein Catering), so dass täglich tausende Beschäftigte der Medizintechnik- und Schuhfabriken in Gasthäusern versorgt wurden. Bier war damals das gängige Getränk.

Foto: Kreisarchiv Tuttlingen

Nach diesem Höhepunkt setzte wie allerorts auch in Tuttlingen das große Brauereisterben ein und peu à peu mussten die meisten Brauereien schließen. In Tuttlingen war es 1996 die Pfauen-Brauerei, die als letzte in der Stadt ihre Pforten schloss.

2016, Tuttlingen / Vielfalt ist Trumpf beim Craft Bier

Spätestens seit dem Jubiläum des Reinheitsgebotes und beeinflusst durch die Craft Beer-Welle in Amerika ist die Biervielfalt und die Anzahl der Brauereien wieder gestiegen. Einer von ihnen ist Alex Giammarinaro. Alex ist Biersommelier und konnte (im Gegensatz zu anderen) seine Liebe zum handwerklichen Bier etablieren.

Er bietet in seinem Tuttlinger Lokal etwa 100 verschiedene Biersorten aus aller Welt an und hat sein eigenes HopfX Bräu aufgebaut. Zunächst im heimischen Keller, heute im Anbau mit Braukessel und Verkostungsambiente.

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