Kastenwägen bis 6 m Länge versprechen Alltagstauglichkeit und locken mit der All in one-Lösung. Bewährtes und Neues von den Herstellern in Oberschwaben bespielen die unterschiedlichsten Bedürfnisse.
Die CMT ist schon wieder auf Rekordjagd, bei den Besucherzahlen, bei den Ausstellern, bei den Neuerungen. Oberschwaben gilt wegen seiner Heimat einiger Hersteller und Marken als Wiege des Reisemobils. HymerCar und Malibu sind die beiden wichtigsten Kastenwagenmarken der Region. Beide können mit Bewährtem und Neuem aufwarten.
Hymer 2017: Seit 60 Jahren Innovationstreiber
“Reisen im Original” lautet der Top-Slogan der Bad Waldseer. Seit 60 Jahren strahlt das Unternehmen im Glanze seines Gründers Erwin Hymer, dessen Nahbarkeit und steter Austausch dafür sorgte, dass sich alle Mitarbeiter von seinem Erfindungsgeist anstecken ließen. 1957 beginnt die Caravan-Erfolgsgeschichte mit dem Ur-Troll, 1971 feierte das HymerMobil nach schwierigem Beginn seinen Durchbruch. Wer alle Meilensteine der Geschichte des Reisemobils nacherleben will, sollte unbedingt einmal das ErwinHymerMuseum besuchen. Das Jubiläum des Unternehmens kann auf der CMT mit günstigen Sondermodellen gefeiert werden. Je zwei Wohnwgen und Teilintegrierte wurden für die “60 Edition” aufgelegt. Der zweite Impuls gilt der Digitalisierung des mobilen Reisens. Damit ist nicht nur die Ausstattung beispielsweise mit LED-TV, Alarmanlage oder das Panel gemeint. Derzeit arbeiten die Oberschwaben am “Hymer Smart Control”. Das System wird zukünftig onboard Peripherie und Navi verbinden und das mobile Smart-Home kreieren.
HymerCar: vielfältige Grundrisse und kompakter Lifestyle
Die Entwicklung des mobile Smart-Homes zieht bei den Kastenwägen noch nicht so schnell ein, aber die Kompaktheit und Einfachheit des mobilen Reisens im Kastenwagen ist vielen vielleicht noch ein Dorn im Auge. Persönlich finde ich die Verwebung von Einfachheit und Luxus immer ganz reizvoll. Und genau diese Verbindung zeichnet auch die Hymer-Modelle aus. Jedes auf seine Art. Die Neuigkeiten im boomenden Kastenwagenmarkt hat Hymer bereits auf dem Caravan-Salon vorgestellt: man greift die Zusammenarbeit mit Daimler aus der Erfindungsphase des Hymermobils auf und hat den HymerCar Grand Canyon S vorgestellt.
HymerCar Grand Canyon S
Das S steht für Sprinter. Hymer setzt damit trotz der Ducato-Dominanz (oder gerade deswegen) auf das Daimler-Basisfahrzeug. Er hat eine Länge unter 6 Metern, was ihn neben seinen Campingfähigkeiten auch alltagstauglich macht. Beim Sprinter kommt also das heilige Blechle als Stern am Himmel des wohlständigen schwäbischen Daseins voll zur Entfaltung. Freilich schlägt sich die Wahl des Basisfahrzeuges in Verbindung mit der elektronischen Ausstattung im Preis nieder. Aber das spielt letztlich nicht die entscheidende Rolle: wer ihn haben will, wird den Preis bezahlen. Weil er weiß, was er dafür bekommt.
Geballte Technik im Cockpit des HymerCar Grand Canyon S
Was mich immer wieder an kleinen Reisemobilen fasziniert, ist die Kompaktheit der Bäder. Auf engstem Raum werden hier die Hygiene-Utensilien und Gerätschaften verstaut und man kann alles notwendige erledigen: Toilettengang, Waschen und Zähneputzen am Klappbecken oder Duschen. Für die Dusche braucht es einen kleinen Umbau: man zieht innen einen Vorhang über Regal und Toilette, nimmt die Holzpritsche heraus, schließt die Tür und los geht’s. Alle verstauten Gegenstände in der Kabine bleiben trocken.
Heute ist es zwar nicht mehr zwingend, bei 6 m Länge auf Einzelbetten zu verzichten. Wer aber – wie im Grand Canyon S – dennoch Querbetten einsetzt, kann das Bad etwas breiter machen und dafür etwas schmaler belassen. Der Küchenblock mit zwei Platten ist ebenfalls schmal gebaut. So hat man genügend Platz zum Kochen. Auch kann man die Dinette noch zusammen klappen, so dass man trotz der kompakten Maße einiges an Bewegungsraum hat.
HymerCar Sydney
Braucht ein Kastenwagen wirklich ein Bad? Und was die Körperreinigung angeht: kann man nicht auch auf das Spülbecken oder die Plastikflasche ausweichen beim Zähneputzen und Händewaschen? Geht man auf dem Campingplatz zum Duschen nicht sowieso ins Sanitärhaus? Und sollte man doch mal frei stehen, kann man da nicht auch eine Solardusche an die Außenseite hängen? Wer das bejahen kann und weiß, dass dennoch eine Toilette an Bord ist, kann sich auf den einmaligen Grundriss im Sydney einlassen.
Das Querbett wird nachts über den Küchenblock geklappt.
Ergebnis: gerade mal 5 m Länge. Neben dem Rausschmiss des Duschraums ist der Küchenblock an die Hintertüre verschoben und der Kühlschrank in der gegenüberliegenden Schrankpartie eingebaut worden. Im Türbereich entsteht dadurch sogar Platz für einen fünften Sitz und liefert im Alltag ein wendiges Fahrzeug mit Automaßen. Hymer hat so mit engsten Außenmaßen überraschend viel Bewegungsraum geschaffen. Der Stauraum für die Campingmöbel ist in die Türen integriert. Alles in allem ein richtig starkes Konzept. Als Basis hat es alles wirklich Wichtige an Board und wer mehr Komfort braucht, kann erweitern. Zum Beispiel mit einem Hubdach, in dem man zwei weitere Schlafplätze unterbringt. Oder mit einer Markise an den Hintertüren und einem Vorhang kann man den nötigen Privatraum zum Duschen auch zeltartig schaffen. Oder man hängt noch einen Caravan an. So hat man auf dem Campingplatz allen Komfort (Bad, zwei “Schlafzimmer”, Wohnecke, Ess-,Spiel- oder Arbeitsecke usw.) und immer noch ein kleines Fahrzeug für Ausflüge oder dergleichen.
Malibu
Mit der Carthago-Tochter Malibu hat der Aulendorfer Reisemobil-Hersteller vor einigen Jahren seine Marke und das Kastenwagengeschäft wieder belebt. Malibu sieht sich mit 800 verkauften Fahrzeugen in 2016 und prognostizierten 1500 in 2017 auf dem Markt angekommen. Als Topseller hat sich der Malibu 640 LE erwiesen. Das ist typisch für den gesamten Reisemobilmarkt: die Kastenwägen boomen und viele bevorzugen Einzelbetten im Heck. Bei Malibu gibt es dieses Jahr zwei wesentliche Weiterentwicklungen: die neue Ausstattungslinie Charming wartet mit neuen Varianten auf: LED-Baldachin-Deckenbeleuchtung, neues Fußbodendekor und bicoloriertes Mobiliar soll neue Zielgruppen anlocken. Für dieses Ziel hat man auch zwei neue Grundrisse aufgelegt. Mit dem 540er und dem 600 LE will Malibu die Kompaktheit im Gesamtportfolio verbessern.
Chice Ausstattung
Die Interieurlinien von Malibu sind sehr ansprechend. Die neue Charming Line neigt zwar zu hellen Dekors, aber ich finde auch die dunkleren fast chicer. Sehr gemütlich und die Stoffe fühlen sich gut an.
Kompaktes Bad
Auch Malibu hat beim Bad etwas zu bieten. Die Aulendorfer greifen auf die wegschwenkbare Toilette zurück. Abgesehen von der Faszination der Technik bekommt man so eine geräumige Dusche. Dieses Patent gibt es zwar schon etwa zehn Jahre, aber offensichtlich hat sie sich bewährt. Wer sowieso nicht so viel mit sich rumschleppt, wird auch den fehlenden Stauraum, den man für die Toilette benötigt, nicht vermissen.
Fazit: der starke Boom des Kastenwagensegments regt die Kreativität der Reisemobilhersteller an und erlaubt auch Invests. Dadurch entsteht eine Vielfalt an Fahrzeugen, die kaum mehr überschaubar ist. Die Optik alleine reicht bei der Ausstattung natürlich nicht aus. Aber oft genügt schon ein einfacher Klopftest. Hier wird man im Vergleich zwischen Malibu und HymerCar schnell feststellen, dass Hymer höherwertige Materialien verarbeitet, die für eine hohe Robustheit sorgen. Wer sich wundert, dass die HymerCars vermeintlich mehr kosten, bedenke, dass man es immer mit hochwertigen Produkten zu tun hat, in die 60 Jahre kreative Erfahrung eingeflossen ist, die den aktuellsten Stand bieten, die durch ihre Tradition starke Bindung samt weitverzweigtem Händlernetz mitbringen, wenig Wertverlust zu verzeichnen haben und eine lange Haltbarkeit versprechen. Hochwertigkeit und Solidität gehen hier also vor einem günstigen Preis. Junge Projekte können auf diese Entwicklungsprozesse nicht zurückgreifen, aber dafür mit günstigen Angeboten für nicht so anspruchsvolle Käufer punkten.
Tipp: Beide Hersteller unterhalten Mietzentren in Bad Waldsee (Hymer) und Aulendorf (Carthago/Malibu). Dort kann man Beratung und Tests verschiedener Modelle miteinander verbinden.
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Hat Spaß gemacht und Vorurteile weggepustet. Ich komme wieder! 🙂