Die „Zeitreise Ravensburg“ von Thomas Kapitel erzählt die wichtigsten Geschichten der oberschwäbischen Türme-Stadt. Ein Lesetipp.
Gleich auf der ersten Seite des Inhaltsverzeichnisses seiner „Zeitreise Ravensburg“ begibt sich Autor Thomas Kapitel auf dünnes Eis: ein Foto zeigt die Heilig-Blut-Reliquie und ihre Legende im oberschwäbischen Barockhimmel der Basilika in Weingarten. Vergleichbare Köln-Düsseldorf-Nicklichkeiten im eigenen Ländle lassen sich kaum effektiver provozieren. Bravo!
Aber die Zeitreise Ravensburg ist ja ein Geschichtsbuch und kein lokalpatriotisches Pamphlet, so dass dieser Zusammenhang nicht von ungefähr kommt. Herkunft und bürgerliches Selbstbewusstsein gehören eben auch in der Industrie- und Kulturstadt Ravensburg zusammen, die in diesem Reihentitel ganz eigenwillig zusammengestellt werden, obwohl freilich chronologisch aufgebaut wird.
Dennoch beginnt die Geschichte Ravensburgs nicht (nur) mit Weingarten, sondern erst einmal in der Landschaft Oberschwabens – genauer gesagt mit den Gletschern, die Entfaltungsraum schafften – erst für die Schussen, später für die Ravensburger.
Am Anfang war das Dorf. Dennoch: auch der Landstrich an den Schussenufern wurde zunächst Jahrtausende durchwalkt von der Gemengelage der Zeiten, Völker und ihrem bis ins Mittelalter gängigen Nomadismus. Stadtgeschichte entsteht erst durch Sesshaftigkeit, die im Schussental ab etwa 450 n.Chr. einsetzte.
Und siehe da: es waren die Alamannen, die Uroberschwaben, die hier im heutigen Weingarten eine Siedlung errichteten. Ravensburg selbst entstand dann unter dem Welfen Welf IV., der als der Gründer von Ravensburg gilt, als er die Ravenspurg errichtete, um in den Streitereien des 11. Jahrhunderts mitmischen zu können. Seine Vorfahren waren die Grafen von Altdorf – ja genau: Weingarten.
Wie Rom wurde auch Ravensburg nicht an einem Tag erbaut und so kann Thomas Kapitel in seiner Zeitreise Ravensburg alle Stadtperlen auf seiner Geschichtsschnur auffädeln:
Dazu gehören die Stiftung der Weißenau, ein Minnesänger-Star, Marktrecht und Reichsstadt, die Parität der Konfessionen, die bayerische und die württembergische Stadt, die Schwabenkinder, die Industrialisierung, die Pionierzeit der Eisenbahn, die Spielestadt, die Oberschwabenschau, die Räuberhöhle, das Kunstmuseum und selbstverständlich das Rutenfest. Aber auch noch viele(s) mehr.
Die einzelnen Themen und Persönlichkeiten werden stark bebildert auf je einer Seite ausgeführt. Dabei ist es schon bewundernswert, wie geschickt Thomas Kapitel alles Wesentliche auf geringstem Raum zu verdichten weiß. Eine gute Schreibe reicht da nicht, das geht nur mit profundem Wissen.
So gesehen ist die Zeitreise Ravensburg der Spickzettel der Türmestadt.
Im besten Sinne ein Land&Leute-Buch, das für Einheimische und Gäste gleichermaßen geeignet und ein guter Begleiter für Stadtspaziergänge in der Türmestadt ist. Allerdings wird der Preis zwar der inhaltlichen Qualität des Autors gerecht, nicht jedoch dem Abgleich mit Umfang und Ausstattung.
Zeitreise Ravensburg: Bibliographische Angabe
Thomas Kapitel: Zeitreise Ravensburg. Menschen, Orte und Ereignisse, die Geschichte schrieben, 128 S., 90 Abb., Format ca. 17 x 24 cm, Hardcover, Silberburg-Verlag, erschienen am 25. Januar 2023, 24,99 €, ISBN: 9783842523821
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