Komfort-Einzeller: der Hymer Van 374

Der Boom des Reisemobilmarkts sorgt für Kreativität, aber auch für Unübersichtlichkeit. Mit innovativen Entwicklungen werden spezielle Bedürfnisse angesprochen. Ein Erfahrungsbericht mit dem Hymer Van 374.

Auf einer Recherchereise hatte ich Gelegenheit, einen Hymer Van 374 ausgiebig zu testen. Den kleinen Teilintegrierten bekomme ich im Hymer Zentrum in Bad Waldsee, das ein guter Ausgangspunkt für Wohnmobiltouren durch Oberschwaben oder am Bodensee ist.

Bevor wir starten, erklärt mir der Berater, dass der Hymer Van 374 die Vorzüge von Teilintegrierten und Kastenwägen vereinen will. Das bedeutet, den Komfort eines Wohnmobils mit der Kompaktheit eines Campervans zusammen zu bringen.

Hymer Van 374 neben Oldtimer am Erwin Hymer Museum

Kompakt mit Einzelbetten auf 6 m Länge

Vom Hymer Van gibt es auf Fiat Ducato-Basis zwei Modelle, den 314er und den Hymer Van 374. Die beiden Grundrisse unterscheiden sich im Prinzip nur darin, dass der 374er eine Antwort liefern will, wie auf 6 m Länge zwei Einzelbetten untergebracht werden können. Eine Herausforderung, der sich viele auf ganz unterschiedliche Weise stellen.

Wer auf diese begehrte Einzelbetten-Variante verzichten kann, dürfte mit dem 314er und seinen 5,45 m ebenso gut bedient sein, insbesondere, wenn man alleine reist und ein Wohnmobil im Stadtverkehr beherbergen muss. Der geringere Stauraum dürfte nicht wirklich ins Gewicht fallen.

Im Hymer Van 374 gibt es für mein Gefühl Stauraum ohne Ende. Wir haben die umlaufenden Hängeschränke bei weitem nicht voll bekommen. So gesehen hat auch ein Schrank nicht gefehlt, Anzug und Hemden können auch gut im Bad aufgehängt werden.

Auch die Garage unter dem Bett mit dem Fach für zwei 11 kg-Gasflaschen ist sehr geräumig. Trotz Camping-Ausstattung blieb immer noch viel Platz übrig. Die Kompaktheit und Leichtigkeit des Hymer Van 374 erlaubt auch eine hohe Zuladung. Nach Zusammenstellung der fahrbereiten Masse sind immer noch mindestens 500 kg möglich, eigentlich eher 700 kg.

Blick in den Schlafbereich des Hymer Van 374

Die beiden Einzelbetten können durch ein Zwischenstück zu einer großen Liegefläche verbunden werden. Für den Aufstieg zum Bett gibt es eine Leiter. Ist sie aufgebaut, verstellt sie zwar eine Schranktür, aber damit lebt man gerne angesichts der Vorteile des kurzen Hymer Van 374.

Alles an Bord im mobilen Zuhause

Die Einzelbetten fordern Konzentration bei den anderen Elementen. Neben dem Verzicht auf den Schrank hat man den Küchenblock schmal angelegt. Die Arbeitsfläche kann man bei Bedarf vor der Tür hochklappen. Es gibt zwei Kochstellen – das ist nicht unüblich.

Aber: die Kochstellen liegen hintereinander, ein kleines Spülbecken komplettiert den Block. Wichtig ist, dass man kleine Töpfe und Pfannen benutzt. Bei maximal zwei Personen ist das kein Hindernis. Durch die 2,22 m-Breite gibt es im Küchenbereich auch die nötige Bewegungsfreiheit.

Küchenblock

Das Bad begeistert mich. Auf kleinstem Raum sind Toilette, Dusche und Waschbecken untergebracht. Je nach Bedarf kann man das Waschbecken hochklappen und auf engstem Raum sämtliche hygienische Bedürfnisse befriedigen. Der Grundriss ist ein gelungener Ansatz, um jemandem mit 1,90 m Größe in (kleinerer) Begleitung eine ausgestreckte Nachtruhe bei 6 m Fahrzeuglänge zu bescheren.

Im Van ist einiges an moderner Elektronik verbaut. Innen und außen wurden ausschließlich LED-Leuchten montiert. Am Panel über der Tür kann man die Füllstände von Batterien (2!) und Tanks ablesen. Digital-Radio ist auch dabei. Die Cruise Control des Tempomat nutze ich aber nicht. 70 km/h machen einen zumindest am Bodensee auch im Urlaubsverkehr eher zum fahrenden Hindernis.

Steckdosen gibt es für 12 V, 230 V und USB. Über das Truma-Panel kann man Heizung und Warmwasser steuern. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis alle solche (und andere) Elemente zentralisiert und via App gesteuert werden.

Hymer Van am Bodensee

Freiheitliches Lebensgefühl im Wohnmobil

Der Hymer Van hat zahlreiche Fenster und Dachluken, die das Kleinwomo angenehm hell machen. Licht und Schatten lassen sich tagsüber über die Plissées einstellen, die an allen Fenstern (auch im Fahrerhaus) angebracht sind. Ich fühle mich gleich wohl in der Ausstattung mit den hellen Polsterstoffen und den kontrastreichen, warmen Farbtönen der Möbel.

Trotz der leichten Bauweise ist die komplette Ausstattung robust und man spürt in vielen Details die jahrzehntelange Erfahrung von Hymer im Reisemobilbau. Wer alleine oder zu zweit reist, hat hier auf kleinem Raum alle Qualität, die ein Wohnmobil grundlegend benötigt. Man kann mit diesem Teilintegrierten Städtetouren ohne größere Park- oder Rangierprobleme machen.

Mich persönlich begeistert das Gefühl zu spüren, was man alles nicht braucht, wenn man sich auf die wesentlichen Dinge beschränkt, um mit einem Wohnmobil auf Reisen zu gehen. Es ist aber dennoch komfortabel, wenn nicht sogar stellenweise luxuriös. Ich liebe dieses Gefühl von Freiheit.

Spiegelung des Hymer Van im Schaufenster

Leider gibt es werksseitig keine Angaben zum Spritverbrauch. Deshalb meine Zahl ohne Vergleich: Meine (ruhige und schlingerfreie) Tour rund um den See ist 730 km lang, geht häufig durch Gebirge und besteht aus vielen kürzeren Strecken im ländlichen Raum oder in den Innenstädten, also alle Wege ohne “Schnurrenlassen”. Der durchschnittliche Verbrauch des Euro 6-Ducato liegt am Ende bei 10,5 l/100 km.

Fazit: Komfort-Einzeller für flexible Touren

Die solide Synthese aus Wohnmobil und Kastenwagen finde ich im Hymer Van gelungen. Er bietet die Wendigkeit und Maße eines Kastenwagens mit der Wohnlichkeit eines Teilintegrierten. Für eine All-in-one-Lösung (Auto, Transporter und Urlaubs-Vehikel) ist er nicht geeignet. Insofern ist der eigene Hymer-Slogan “Teilintegrierter mit Zweitwagencharakter” ziemlich treffend.

“Komfort-Einzeller” fiel mir während der Tour immer wieder ein. Auf Campingplätzen kann man auch ergänzend Zelte oder Pavillons aufstellen und so den persönlichen Radius wesentlich vergrößern. Der Hymer Van bleibt dann als Fahrzeug für Ausflüge erhalten und lässt sich durch seine kompakten Maße eben auch ganz gut parken.

Hymer Van 374 auf Campingplatz

Als ich den Hymer Van 374 zurück bringe, frage ich nach dem Preis. “Fuffzig”, sagt der Hymer-Mitarbeiter. Das war 2016. Heute wird er aktuell nicht produziert, doch ein Blick auf die Preise von gebrauchten Hymer Vans zeigt, dass man heute (2023) sogar eine Wertsteigerung feststellen kann, obwohl Abnutzung stattfindet.

Tipps: In Bad Waldsee befinden sich auch das Hymer-Werk, wo man an Werksführungen teilnehmen und das Erwin Hymer Museum mit seinen wundervollen Ausstellungen besuchen kann.

Transparenzhinweis: Dank für die Unterstützung der Recherche geht an die Hymer GmbH & Co. KG sowie an die Internationalen Bodensee Tourismus.

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2 Kommentare

  1. Ingo Merker

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